MusicMatch 2024

02. + 03. Mai

Zentralwerk, Dresden

FESTIVAL / ARTISTS

Amewu

© Foto: Arno Simons
Rap, Grime und TripHop
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Die Welt brennt.

Und sie brannte auch damals schon, Mitte der Nullerjahre, als ein junger Mann in den Rap-Cyphern von Berlin auftauchte, in düsteren Kellerbars, in stickigen Jugendclubs. Sich das Mic nahm und sich mit belegter, dunkler Stimme den Rost von Seele rappte, seine mentalen Abgründe mit Szenekritik verband. Von Rassismuserfahrungen erzählte und davon, ein Schwarzer junger Mann in einem weißen Deutschland zu sein. All das mit einem hyperpräzisen Stakkato-Flow, in einem betörenden Soundgewand aus klassischem Rap, Grime und TripHop. Ein Name geisterte durch die Szene: Amewu.

Die Welt brannte auch in den Jahren, in denen Amewu sich auf unzähligen Bühnen einen Ruf als begnadeter Live-MC erspielte, zwei Alben veröffentlichte und von Fans und Kritik gefeiert wurde. Aber der blühende Rost auf seiner Seele, das Hadern mit dem Kaufen und Verkauftwerden in der Musikindustrie, all das sorgte dafür, dass Amewu neue Prioritäten fand. Auf „Leidkultur“ (2012) folgte lange kein weiteres Album. Die Bühne jedoch hat er nie verlassen: Amewu spielte seitdem nicht nur unablässig Konzerte, sondern zuletzt sogar Theater an der Berliner Schaubühne, wo er die Neuinszenierung von „Rückkehr nach Reims“ mitschrieb – und auch sich selbst auf den Leib schrieb. Amewu kehrte der Musik also nie den Rücken, blickte aber doch eine Weile aus dem Halbschatten auf die aggressive Selbstvermarktung, auf die Knochenmühle aus Gewinnmaximierung und Depression. Auf Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Bis er es nicht mehr ertrug, sich Mic, Stift und Papier nahm und ein neues Album schrieb.

Denn die Welt brennt.

Auf „Haben oder Sein“, seinem dritten Album, widmet sich Amewu dem Wettlauf nach Mehr und den Folgen auf Gesellschaft und HipHop-Szene, auf Herz und Seele und auf sich selbst. Bereits auf dem Opener „Amewuga“ spürt Amewu seinen eigenen Sachzwängen nach: „Liebst du Geld/Bist du ein Mensch?“, fragt er mehrdeutig, verwebt die Bedeutung seines ghanaischen Namens mit den Verheerungen des Kolonialismus und der Notwendigkeit, Brot auf den Tisch zu bringen. Auf dem Titeltrack „Haben oder Sein“ analysiert Amewu das Ausbeutungsverhältnis, das sich quer durch die Gesellschaft zieht, und erteilt den vermeintlichen Verlockungen eine Absage: „Sie bewahren sich den Schein/Sie bezahlen mit dem Schein/Fragen: Willst du für den Schein für mich arbeiten?/Nein!“ Er reist an einen unheimlichen „Plastikstrand“, über den tote Möwen kreisen, schaut auf ein steriles Meer und wünscht sich, seinen Brüdern und Schwestern einen Lichtstrahl zwischen den giftigen Wolken.

Musikalisch mäandert „Haben oder Sein“ zwischen zeitgenössischem Rap-Sound und UK-Bass- Prägung, zwischen Trap und Grime, dazwischen immer wieder subtile organische Versatzstücke als Boom-Bap-Fundament. Beats von u.a. Ghanaian Stallion, Megaloh und Clockwerk sowie Amewus Eigenproduktionen unterstreichen seine detailreich konstruierten Reimkaskaden und verleihen dem Album eine tiefdunkle Eleganz. Die moderne Herangehensweise an Sound und Attitüde sorgt dafür, dass „Haben oder Sein“ – mit allem Tiefgang und aller Dringlichkeit – fest in der Gegenwart steht.

Und so ist „Haben oder Sein“ die dringend benötigte Gegenrede zum Materialismus und Wachstumszwang. Es macht Mut, zeigt Widerspenstigkeit und Solidarität, sucht nach Verbündeten. All das werden wir brauchen.

Denn die Welt brennt.

Termin

Fr. 28.04.23
20:30 Uhr
Zentralwerk
großer Saal

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